Zufriedene Pferde

Haltung - Beurteilungsbeispiel

Eine typische Pensionspferdehaltung. Die Pferde stehen in Paddockboxen, d.h. sie haben im Stall eine mit Stroh eingestreute Fläche von 3 x 4 Metern zur Verfügung, dazu noch einmal eine doppelt so große, betonierte Fläche im Außenbereich. Morgens wird gefüttert, erst pelletiertes Kraftfutter, danach Heu. Außerdem wird frisches Stroh eingestreut. Im Sommer entfällt das morgendliche Heu, die Pferde werden in Gruppen auf die Weide gebracht. Auf der Weide stehen keine schattenspendenden Bäume, da diese bei der maschinellen Weidepflege im Weg wären. Am frühen Nachmittag kommen die Pferde wieder in den Stall, es gibt wieder Kraftfutter und Heu. Im Winter können die Weiden nicht genutzt werden, von Oktober bis April kommen die Pferde daher in Gruppen 1-2 Stunden pro Tag auf einen Paddock, der leider im Winter etwas matschig ist. Bei Frost kann er nicht genutzt werden, die Pferde bleiben an solchen Tagen im Stall. Außerdem werden auch die Zugangstüren zum Boxenpaddock bei Frost geschlossen, das sonst die Selbsttränken einfrieren. Gründlich ausgemistet wird in der Regel alle 2 Wochen.

Haltung - Kommentar

Ställe wie den hier beschriebenen findet man häufig, und vielleicht ist die erste Reaktion beim Lesen auch: Das klingt doch nicht schlecht. Die Pferde haben Sozialkontakte, kommen auch im Winter raus, und jedes hat außerdem einen Paddock direkt an der Box.

Aber schauen wir uns das Ganze einmal genauer an. Wie sieht der Tagesablauf des Pferdes aus? Zunächst wird morgens gefüttert. Nachdem das Pferd in der Nacht höchstens noch etwas Stroh zu knabbern hatte gibt es Kraftfutter auf leeren Magen. Das ist nicht gut und kann zu Gärung des Futters im Verdauungstrakt führen. Abhilfe kann man schaffen, wenn erst Heu und danach Kraftfutter gegeben werden. Im Sommer verstärkt sich das Problem, weil das morgendliche Heu entfällt und die Pferde unmittelbar nach der Kraftfuttergabe das vom Tau noch nasse Gras fressen. Heu-Kraftfutter-Pause oder Heu-Weide wäre hier deutlich besser.

Das Überstreuen mit Stroh am Morgen hat zur Folge, dass ein Großteil davon bis Abends bereits in die darunter liegenden Pferdeäpfel eingetreten wurde und somit in der Nacht weder als gemütliche Liegefläche noch als Beschäftigungsfutter zur Verfügung steht.

Im Sommer stehen die Pferde zwangsweise vom frühen Morgen bis zum frühen Nachmittag auf einer Weide ohne Schatten. Dort sind sie Sonne und Insekten hilflos ausgeliefert. Wenn dann auch noch unbemerkt das Wasserfass leer wird, kann es bei großer Hitze zu Kreislaufproblemen kommen. Im Winter beschränkt sich der freie Auslauf auf 1-2 Stunden. Das bedeutet im Gegenzug, dass die Pferde bis zu 23 Stunden nur die Gitterstäbe der Boxen oder den schnell langweiligen Paddock vor Augen haben. Und bei Frost fehlen sogar Paddockaussicht und Gruppengefühl im Matschpaddock.

Das Ausmisten alle 2 Wochen bedeutet, dass die Pferde auf einer Matratze aus ihrem eigenen Mist liegen müssen, falls sie sich unter diesen Bedingungen überhaupt hinlegen. Der Geruch dieser Matraze ist oft alles andere als angenehm, durch den vermehrten Ammoniak in der bodennahen Luft kann langfristig die Lunge geschädigt werden. Dieser Punkt ist für den Menschen eigentlich ganz einfach zu bewerten, auch ohne Erfahrung und Messgeräte. Man stelle sich die einfache Frage: Würde ich mich in dieser Box auf den Boden legen? Wenn ja: Bitte tun sie es auch einmal - und zwar nicht nur nach dem gründlichen Ausmisten, sondern an einem Winterabend, wenn das Pferd einen Großteil des Tages in der Box gestanden hat. Wenn es Ihnen unangenehm ist, sollten Sie es Ihrem Pferd auch nicht zumuten.